98 - Brisbane

Pazifik im Kielwasser.
Oktober 23

Australien

Wow – jetzt sind wir da! Fast fünf Jahre hat es gedauert, bis wir von Portugal über den Atlantik, Karibik, Panama und den weiten Pazifik gesegelt sind! Es ist unglaublich – wir sind auf eigenem Kiel und zu zweit in Australien eingetroffen.

Der letzte Abschnitt von Neukaledonien nach Brisbane war sehr ermüdend. Zuerst genug Wind, dann zu wenig, dann heftige Strömungen und wieder mehr Wind. Dafür kein Regen und kaum Wolken und wenn, dann wunderschöne malerische Himmelsbegleiter. Diese letzte Überfahrt des Pazifiks haben wir genossen.
Beim Quarantänedock in der Riverside Marina müssen wir die Offiziellen abwarten. Es dauert nicht lange und schon erscheinen drei Beamte. Einer setzt sich mit uns ins Cockpit, stellt viele Fragen und erledigt das Administrative mit uns. Die beiden anderen verschwinden mit ihren schweren Stiefeln ungefragt und still ins Innere des Schiffes, durchstöbern und untersuchen jeden Winkel, jede Ecke, jeden Schapp. Wir haben nichts zu verbergen, fühlen uns aber überrumpelt und in der Privatsphäre gestört. Naja, sie sind freundlich, machen ihren Job. Alles in Ordnung, wir erhalten die Genehmigung zum Bleiben und sind in Australien nun herzlich willkommen.

Wir dürfen noch nicht vom Schiff, erst am nächsten Vormittag erscheint der Mann, Bernard, von der Biosecurity. Er kämmt mit uns das ganze Schiff durch und nimmt uns viel Proviant weg. Leider besteht keine offizielle Liste der Produkte, die nicht eingeführt werden dürfen. Es ändert sich immer wieder. Gemüse, Früchte, Frischfleisch und Eier, das war uns klar, da war auch nichts mehr übrig. Aber getrocknete Kichererbsen, Gelberbsen, Reis, Maiskörner, gekochter Schinken in Dosen, Pfefferkörner, Linsen, all das war nicht klar und muss jetzt in den Müll!!

Der Hafenplatz ist für das Einklarieren für eine Nacht gratis, aber bei der obligatorischen Abgabe des Abfalls, da zocken sie uns ab!

Kein Wind also muss Diesel her.
Einzigartiges Kochen.
Noch einmal Sonnenuntergang direkt über dem Meer. Das werden wir eine Zeitlang so nicht mehr sehen, jetzt liegt der Kontinent dazwischen.
Bevor wir den Brisbane River erreichen, überholt uns ein Frachter MSC NILA II.
Ja, ist uns schon klar, es sind halt Bestimmungen, er nimmt uns das Zeug ja auch nicht gerne weg.
Endlich in Australien!
Uferhäuser – so lässt es sich leben.

Im Zentrum von Brisbane haben wir einen Platz in der Dockside Marina gebucht. Brisbane soll für eine Woche möglichst nah sein. Die Fahrt durch den River ist bezaubernd. Am Ufer sehen wir eine Villa neben der anderen, fast jede mit eigenem Bootssteg. Dazwischen alte Firmengebäude, Relikte aus der Zeit der Besiedlung durch die Europäer, respektive Engländer. Spannend.

Die Marina ist einfach und klein mit Self-Check-in.Der Code für die Schlüsselbox ist falsch, wir sind unendlich froh, als Marc uns hilft. So, aber jetzt ab in die City. Wir sind zwar hundemüde und erschöpft, aber das muss warten. Ich bin so gespannt auf die Stadt.

Angekommen.
Story Bridge.
Custom House damals…
… und heute (von der Flussseite aus).
Frühling in the city.

You are welcome

Die Australier sind ein Volk, das Fremde sehr offen begegnet. Die Anonymität der Grossstadt ist spürbar, jeder ist für sich, in seinem Element. Einwohner: ca. 2,3 Mio. Aber kaum fragst du etwas oder wirst gefragt, ob du etwas brauchst oder suchst, da merkst du, hier bist du willkommen. Wir fühlen uns sofort wohl.

Bisher waren wir auffallend fremd, wenn wir auf den Inseln in der Südsee rumgelaufen sind. Viele haben uns angeschaut und bestaunt, zugewunken oder gegrüsst. Hier nicht. Wenn wir den Mund nicht aufmachen, merkt niemand, dass wir keine Australier sind. Dieses Gefühl ist neu.

Wir sind sehr gespannt auf die Stadt und obwohl müde, ziehen wir gleich los.

Brisbane ist einfach schön. Viele Pflanzen und Vögel, viele Menschen die sich bewegen. Auf den schön gestalteten Uferwegen tummeln sich Spaziergänger, Jogger, Velofahrer oder die, die mit den Electroscootern rumdüsen. Die könnten wir uns überall ausleihen, sie stehen überall rum und werden intensiv genutzt. Doch das geht uns zu schnell, wir bleiben bei unseren Füssen.

Am Freitagabend kommen wir in den Genuss eines besonderen Barbeques. Der Besitzer der Marina –  Ken – lädt einmal im Monat ein und diesen Freitag haben wir das Vergnügen. Auf seinem Motorboot hat er einen riesengrossen Grill – der Grillmeister zaubert lauter gute Fleisch- und Wurststücke. Die Stimmung ist bei Wein und Bier gleich gesellig und lustig. Das Special heute Abend: eine Stunde mit dem Motorboot unter der beeindruckenden Skyline und den vielen farbig beleuchteten Brücken von Brisbane durch. Wow – ist das schön!

Er ist für unser Wohlbefinden zuständig.
Zum Wohl – ich find’s einfach toll hier!
Und dann die Flussfahrt: Story Bridge und …
Kletterwand by night.
Kurilpa  Bridge – ohne Autos.

In einer nahen französischen Bäckerei finden wir feines herrlich duftendes Brot, Baguette oder Croissant in vielen süssen Varianten. Als ich am Sonntag um die Ecke biege, staune ich über die lange Warteschlange und übe mich in Geduld, bis ich das feine Z'Morgebrot heimtragen darf. Hier ist Frühling, die Jacarandabäume (Palisanderholzbaum) blühen fröhlich in violett.

Gegenüber Riverside, wo die Flaniermeilen, die Geschäfte und Boutiquen, sowie das Geschäftsviertel und der Botanische Garten sich tummeln, sehen wir am Ufer entlang ein weites Kliff (Kangaroo Point Cliffs), eine natürliche 18 m hohe Steinwand mit 408 Kletter-Routen. Als wir näher kommen, sehen wir unzählige junge Leute, die ihren Feierabend mit einer Kletterpartie beschliessen. Im Rücken die hohen Skycrapers von Brisbane.

Extrem fein!

Das Abendvergnügen in the wall.
Allzeit bereit.

Für mich sind natürlich noch die beiden Gallerien anziehend: Queensland Art Gallery und Gallery of Modern Art (GOMA). Die ausgestellten Kunstwerke, Installationen und Skulpturen begeistern, genauso wie die Architektur der Gebäude. Das schönste an diesen Gallerien und Museen ist - sie sind frei zugänglich!

Daneben feiert das Sonntagsvolk. In den South Banks Parkland planschen die Kinder in den Wasserbassins, hier kann auf den öffentlichen Grill grilliert werden und zahlreiche Restaurants laden zum Verweilen und Essen ein. Für uns etwas zu sehr Volksfest, aber man muss sich hier ja nicht lange aufhalten.

Im Maritime Museum entdecken wir das Schiff "Ella's Pink Lady" (34 foot, 10,2 m lang). Die damals 16-jährige Jessica Watson segelte als einer der jüngsten Einhandseglerin in 210 Tagen non-stop um die Welt! Wir ahnen, was das für eine Gewaltsleistung war!

Vor allem am Sonntag ist hier einiges los.
Dies hier sagt mir schon mehr zu.
Kurilpa Bridge am Tag.
Wo gibt's denn hier eine Erfrischung - vielleicht ein Bier?
Relaxen im Botanischen Garden.

Es zieht uns weiter, Sydney ist noch weit weg. Als wir aus dem River rausfahren wollen, kommt per Funk SECURITE die Wetterwarnung. Starkwind ist angesagt, die Prognosen sind zu freundlich, es wird mehr Wind geben. Da das Barometer merklich fällt, beherzigen wir diese Warnung und beschliessen umzukehren. Es lohnt sich nicht, ein Risiko einzugehen und ausserdem sind wir etwas zu spät dran. Wir haben noch vollgetankt und es ist schon nach Mittag.

So ankern wir im Fluss - für mich eine neue Erfahrung. Mal guckt das Heck nach Brisbane City, dann 180° gedreht Richtung Meer. Je nach den Gezeiten und der Strömung!

So ändert sich die Aussicht alle sechs Stunden.

Der Brisbane River ist ungefähr doppelt so breit wie der Rhein. Beim Eingang löschen die Containerschiffe und Tanker ihre Fracht. Danach wird es immer belebter, die kleinen Häuser am Wasser erscheinen und der Fluss schlängelt sich durch die Stadt bis das Herz von Brisbane mit der Story Bridge erscheint. Lange beachteten die Einwohner den Fluss gar nicht so recht; er war einfach da. Doch ungefähr 1980 kamen auf einmal neue Ideen, neue Fussgängerbrücken und der Brisbane River bekam seine berechtigte Beachtung. Im Moment wird die neue sehr zentrale geschwungene Brücke für das Fuss- und Radlervolk erstellt, die Kangaroo Point Green Bridge. Dann sind es 13 Brücken.

Was es bedeutet im Fluss zu ankern, spüren wir vor dem Eindunkeln noch eindrücklich. Der Wind wird ziemlich heftig und fegt mit mehr als 22 kn über das Wasser. Die Boote schlingern unkalkulierbar hin und her, zwischen Wind und Strömung getrieben. Auf einmal sind wir viel zu nah an den anderen Schiffen, langsam wird es unangenehm. Wir beschliessen unseren Anker zu heben, und einen neuen Standort zu suchen. Doch das wird dann gar nicht so einfach. Schlussendlich ankern wir viermal um. Einmal stresst uns ein anderer Segler, Craig, der schon ziemlich nervös hin und her hampelt, immer noch nervöser und ausfallend in seiner Wortwahl wird und für uns unverständliche Ankerversuche unternimmt. Er ist allein auf dem Schiff. Er ankert zuletzt knapp neben uns - nein, wir nehmen auf und gehen freiwillig weg von ihm; nur Abstand gewinnen!!

Nein, schwimmen im Brisbane River wird nicht empfohlen!!
Da haben wir was verpasst. Dieses Industriegelände lebt mit vielen Leuten, Attraktionen und Food – aber nur von Freitag bis Sonntag. Schade!

Am nächsten Morgen nach einer ruhigen Nacht, geht es kurz nach sechs weiter, etwas der Küste entlang Richtung Süden nach Cleveland - Raby Bay.

Bye bye

 

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