91 - Tonga

Ein Königreich.
Juni 23

Das Land der freundlichen Leute

Sie sind wirklich freundlich – es ist einfach mit ihnen in Kontakt zu kommen. Allerdings sind sie zu Beginn etwas reserviert. Erst ein tiefer Blick in die Augen und ein Lächeln und dann kommt der Zugang.

Wir treffen von Niue her kommend am Samstag früh hier ein. Leise nehmen wir eine Boje, hängen die gelbe Flagge hoch und machen es uns übers Wochenende auf dem Boot gemütlich. Kein Landgang, denn wir wollen keine Overtime-Gebühr bezahlen.
Gleich am Montag früh müssen wir ans Dock zum Einklarieren. Das ist hier so, zwar etwas unangenehm für uns, aber ein Muss. Hier braucht es auch Geduld. Die Leute vom Zoll haben gerade eine Sitzung, wir müssen warten. Zusammen mit drei anderen Booten. Dann kommt der Mann für die Quarantäne und Abfall und kassiert, dann die Besitzer des Docks und kassieren, dann die Frau vom Zoll (ohne Gebühr). Wir kommen uns manchmal vor wie Kühe, die gemolken werden. Sorry, aber oft fühlen wir uns so. Die Gebühren haben sicher alle ihre Berechtigungen…

Die Vava’u Group of Tonga sind alles kleine Inseln. Ganz geschützt in der Bucht Port Of Refugies liegen wir an Mooringen vor dem Hauptort Neiafu. Unzählige Ankerplätze verteilen sich hier über das Inselreich.

Sehr geschütztes Liegen in der Bucht. Hier fühlen wir uns wie in Mutter’s Schoss.

Hügel erklimmen

Unsere Beine zappeln schon wieder und so düsen wir los, zum höchsten Hügel, dem Mount Talau (131 m hoch). Die Aussicht vom Lookout über die Bucht ist herrlich; hübsch verteilt liegen alle Segelboote ruhig und geschützt an den Bojen.
Allerdings ist momentan absolut ruhiges Wetter, höchstens ein paar Tropfen Regen. Die letzten Wochen war es nur nass mit heftigen Regenfällen. Doch wir haben Sonne mitgebracht – dafür gibt es nun keinen Wind mehr. Wir spüren eine Wetteränderung. Keine regelmässigen Passatwinde wehen mehr. Es ist unheimlich flau. Dies bedeutet auch, dass wir wieder warten müssen, bis der Wind wiederkommt. Im Süden, nahe Neuseeland, toben heftige Unwetter und bringen höchstens Westwind, den wir absolut nicht brauchen können. Das Wetterphänomen El Niño, bekommen wir nun zu spüren.

Auf dem Rückweg entdecken wir auf einer Terrasse Frauen, die irgendetwas flechten. Neugierig fragen wir, ob wir gucken dürfen – sie zeigen sehr gerne, was sie da machen. Jedes Mädchen lernt in Tonga flechten. Aus der Pandanus (Schraubenbaum) werden die grünen Blätter geschält, bis sie hell sind. Damit werden Matten und Körbe geflochten.

Die Frauen freuen sich über unsere Neugierde und zeigen gerne, was sie machen.
Stundenlang und sehr flink wird hier gearbeitet.
Nur Frauen flechten diese Matten, sie lernen es schon früh als Mädchen.

Cave Veimumundi oder Rock Wall oder was ist Kava?

Der staubigen endlosen Strasse entlang, gelangen wir zur Veimumundi Cave. Aus allem wird eine Attraktion gemacht, ist sie auch noch so klein. Ein paar Stufen und schon landet man im kühlen Wasser einer kleinen Höhle. Locals, die wir dort treffen, erklären uns, dass im Sommer dieses Wasser sehr gefragt ist – zur Abkühlung. Als wir so im Gespräch sind, kommen wir auf Kava zu sprechen. Kava oder Kava-Kava auch als Rauschpfeffer(Piper methysticum) bekannt, ist eine strauchartige Pflanze und ist hier in der Inselwelt des Südpazifiks heimisch. Aus den Wurzeln und dem Stamm der Pflanze wird ein Pulver erstellt, dass sich aufgelöst in Wasser trinken lässt. Dieses Pulver wird nach Neuseeland oder auch in die USA exportiert. Mehr dazu später.
An einem anderen Tag laufen wir in eine ganz andere Richtung. Ein Schild zeigt uns den Weg zur Rock Wall. Auch hier ist der Weg lang, heiss und staubig. Aber der Weg ist nie langweilig, da kommen Schweine, die hier wild rumlaufen. Oder mal eine Schule und alle Schüler, welche gerade in der Pause sind, rufen uns aus dem Schatten Bye zu. Oder wir entdecken ein riesengrosses grünes Feld, bepflanzt mit Taro und dazwischen die Kava-Pflanze, die 2-4 m hoch wird. Sieht toll aus.
Als wir ein Wohnhaus mit grossen Garten passieren, entdecken wir im Schuppen drei Männer, die Kavawurzeln zerhacken. Die ältere Dame am Gartenhag lädt uns ein, nach hinten zu ihnen zu gehen. Das machen wir sofort, wollen wir doch mehr über Kava wissen. So erzählen uns die Männer gerne, was Kava für sie bedeutet. Jeden Abend, und wirklich jeden Abend, trinken die Männer hier stundenlang zusammen Kava. Es ist ein Männergetränk, nur wenig Frauen trinken es auch.

Die Pflanze wird geerntet und der Stamm und die Wurzeln werden in kleine Stücke gehackt, gewaschen und zum Trocknen auf Gestelle mit Wellblech verteilt. Nach zwei Tagen wird alles zu einem feinen Pulver zermahlen. Das Pulver wird schliesslich in Wasser gegeben, mit einem feinen Tuch ausgepresst. Zum Trinken bleibt eine schlammig aussehende und erdbraune Sosse mit bitterem Geschmack. Mehr dazu etwas später.
Wir bedanken uns über diese Informationen bei den Männern und verabschieden uns, ziehen weiter zu dieser Rock Wall. Die ist übrigens eine grosse Enttäuschung. 30 cm hoch und ca. 50 m lang. Mehr ist da nicht. Doch, eingepflegter Picknickplatz mit Tischen, Bänken und Dach für Schatten.

Doch nun zum Kava-Trinken. Zusammen mit der Crew von SY LUPINA, Pia und Köbi, vereinbaren wir mit dem Wirt Adrien von der Bar MANGO ein Kava-Abend. Vor uns wird eine grosse Tonschale gestellt, die Serviererin schöpft uns mit einer Kokosschale Kava in Kokosschalen. Das Getränk ist wirklich bitter, erinnert uns an zerstampfte Blätter – schmeckt nicht wirklich gut! Nach dem ersten Schluck kommt bald die erste Wirkung – die Zunge und der Mund sind leicht betäubt. Pia und ich probieren nur wenig, aber Ruedi und Köbi leeren die ganze Schale. Ist nicht gerade wenig! Wir Frauen beobachten gespannt, ob sich bei unseren Männern etwas verändert. Was macht Kava mit ihnen?
Nach ungefähr einer Stunde bemerken wir, wie die beiden immer langsamer sprechen. Auch die Bewegungen sind verhaltener, fast wie in Zeitlupe. Einer geht aufs Klo, wir gucken hinterher und sehen – der läuft aber in Schlangenlinien! Ja, das Kava wirkt. Sie sind nicht betrunken, nein, so kann man dies nicht nennen. Eher relaxt, eine innere Ruhe ausstrahlend, leicht benebelt. Am nächsten Morgen hat keiner irgendwelche Nachwehen oder Kopfweh. Aber irgendetwas war da…

Nein, zum in der Höhle baden ist es uns zu kühl. Heute nicht!
Die Pflanze mit den herzförmigen Blättern in der Mitte – dies ist Kava.
Zerhacken der Wurzeln.
Ja, auch wir trinken heute Abend Kava…
…und wir auch.
Trinkgefäss: Kokosschalen.
Bitterer und erdiger Geschmack.

Festliche Kleidung erwünscht

Sonntagmorgen – Kirchgang. Das ist im Südpazifik einfach ein Muss. Auch wenn wir nicht gläubig in diesem Sinne sind, die Messen sind Erlebnisse. Hier in Tonga sind alle sehr festlich gekleidet. Nur am Sonntag macht man sich so fein. Die Frauen haben schicke, farbenfrohe Kleider an und spazieren in hohen und flippigen Schuhen rum. Wir staunen. Die Männer tragen über ihrem Rock eine Matte, dies ist hier Tradition. Oder diese gehäkelten Verzierungen bei den Frauen, die wie ein Wasserfall von der Taille her abwärts hängen. Auch dies ist Teil der traditionellen Bekleidung. Sehr interessant. Als ich die Leute wegen Fotografieren frage, sind sie alle sofort einverstanden und posieren willig und mit einem feinen Lächeln.

Tonga ist ein eigenständiges Mitglied im Commonwealth und seit 1999 Mitglied der Vereinten Nationen. Am 4. Juni 1970 erhielt Tonga seine volle Unabhängigkeit. Es ist bis heute die einzige (parlamentarische) Erbmonarchie im gesamten polynesischen Pazifikraum (ausgenommen Neuseeland). Der Respekt vor der königlichen Herrschaft existiert noch weitgehend unverändert wie in vergangenen Jahrhunderten. Kritik an der Monarchie wird als untongaisch und schlicht unhöflich abgelehnt. Tupou VI. ist seit dem 19. März 2012 König von Tonga. Die Verfassung räumt ihm grössere Befugnisse ein, er lebt in seinem Palast in der Hauptstadt Nukualofa.

St. Joseph’s Cathedral.
Die Männer tragen diese Bastmatten um die Hüften über ihrem Rock.
Für uns eine ungewohnte Kombination.

Das Quietschen und Jaulen in der Abenddämmerung

Flughunde sind das! Sie hängen tagsüber in den Bäumen, umhüllt von ihren ledrigen Flügelarmen. Wenn die Sonne langsam untergeht, werden sie aktiv, fliegen rum und suchen ihre Nahrung. Vegetarisch – Nektar, Pollen, Früchte und Blüten.

Chips, Chips und nochmals Chips

Tonga hat anscheinend die höchste Fettleibigkeitsrate der Welt. Es ist davon auszugehen, dass bis zu 40% der Bevölkerung an Typ-2-Diabetes leiden. Eine der Hauptursachen ist der erhöhte Konsum importierter Waren mit hohem Fett- und Zuckergehalt, wie das billige Bauchfett von Lämmern. Es wird aus Neuseeland importiert und gilt dort als unverkäuflich. Seit dem 1. Juli 2020 gilt ein Importverbot von mutton flaps aus Neuseeland.
Wenn wir im Laden an der Kasse stehen und beobachten, was die Bevölkerung, vor allem die jugendlichen Frauen und Männer, hier auf den Tisch zum Zahlen legen, dann wird uns ganz anders: Chips, Chips und Süsses, Cookies, Cola. Da wundern wir uns gar nicht, warum so viele so extrem dick sind. Schade, dass die Ernährung und Gesundheit anscheinend keine grosse Beachtung finden.

Was wir hier in Tonga besonders schätzen, ist, dasses mehrere Restaurants hier in Neiafu und in Gehdistanz hat. Das hatten wir in dieser Menge schon lange nicht mehr. Hier treffen wir uns zum Sundowner oder zum Abendessen. Soziale Kontakt, die wir, wo wir doch oft tagelang nur zu zweit unterwegs sind, einfach genussvoll reinziehen.

Das TROPICANA, ein kleines Restaurant inmitten des Ortes. Der Besitzer bietet neben Essen und Trinken eine Menge anderer Dienste an. Das Vermieten von Velos und Autos, Wäsche waschen, Gasflaschen füllen, Brot, Joghurt, Sour Creme, und vieles mehr. Für Segler eine wertvolle Adresse.

Das KRAKEN, geführt von einem Neuseeländer, mit einer herrlichen Bar – einem alten Boot, modern in Szene gesetzt. Die Fensterläden werden mithilfe von Winschen hochgezogen.

Das MANGO mit herrlicher Sicht zum Berg, hinter dem die Sonne meistens orangerot versinkt. Dazu eine herrliche Küche und wunderbar aufmerksame und humorvolle Serviererinnen. Der Chef Adrien ist aus Tonga – er hat uns das Kava-Trinken ermöglicht.

Das BELLAVISTA mit einem italienischen Besitzer. Hoch über der Bucht werden köstliche Menüs serviert.

Dann noch das BASQUE TAVERN. Der Duft, der hier rausströmt, verlockt ungemein. Leider sind die Öffnungszeiten so, dass wir es verpasst haben, dort zu essen (Donnerstag-, Freitag-, Samstagabend).

Erwähnen möchte ich noch das COFFEE and TEES. Ein kleines Kunst-Café, hier gibt es jegliche feine Süssigkeiten, Sandwiches oder Smoothies. Mit TEES sind T-Shirts gemeint, die kann man sich hier mit einem Logo bedrucken lassen. Die Besitzerin ist seit mehr als 21 Jahren hier und stellt wunderschöne grafische Muster von Walfischen her. Dazu bietet sie noch anderes Kunsthandwerk an. Herrlich.

Juhui, der Wind kommt langsam von Südosten, so dasswir weiterkönnen.

Bis bald

Bye

Tolles Restaurant – Kraken.
Erfolgreich vom Fischen zurück. Der Krakenwirt bietet auch Fishing-Tours an.
Mit anderen Seglern, SAVA, LUPINA, PASITO, im Mango.
Unterwegs.
Die laufen hier überall frei rum – und wühlen auch fleissig alles auf!
Stilleben im Tropicana.
Liebevolles Kochen im Bellavista.

So, jetzt aber bis bald wieder - Tschüss

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