32 - Martinique

Carnaval in der Karibik. Lebensfreude und Farbe.
Februar 20

Der französische Charme in der Karibik.

Martinique liegt im Zentrum der kleinen Antillen. Mit Martinique verbinde ich Karibik pur, das kreolische mit einer Prise Europa und vielen Einkaufsmöglichkeiten. Tatsächlich, die Läden sind voll. Nach den kleinen einfachen Inseln tut dies wirklich gut. Käse in unzähligen Variationen und auch wiedereinmal Weichkäse. Dazu diverse Brote, fast wie gewohnt zuhause. Ich will damit nicht sagen, dass das Brot hier nicht schmeckt, aber die Abwechslung tut gut: Baguette mit französischem Käse und Rotwein 😊.

So guet!

Zuerst landen wir in Sainte Anne – davor eine weite und offen Bucht. Hier liegen so viele Boote und der Dinghydock ist gross; zwar etwas hoch zum Raufklettern, aber Platz hat er genug. Meistens müssen wir uns mit kleinen Stegen begnügen und das Gedränge beim Festmachen ist oft ganz schön herausfordernd. Zum Teil haben die Anlegestellen eine ungünstige Konstruktion, so dass Dinghys darunter festgeklemmt werden. Dann fehlt vielleicht der Motor, oder Teile brechen ab, oder die Schläuche der Rümpfe erhalten Löcher … gut, es gibt noch kleine Heckanker. Aber hier ist es gut.

Der kleine Ort ist überschaubar und hat Charme. Neben der sehr schönen Kirche geht es nach links in eine kleine Gasse zum Café Boubou. Hier klarieren wir zum ersten Mal am Computer selbst ein. Formular ausfüllen, ausdrucken und zum Unterschreiben zum Barbesitzer bringen. EUR 3 bezahlen und fertig. Wir wünschen uns sehr, dass es überall so funktionieren würde. So easy!

Am Abend findet ein Volksfest statt. Eine Vor-Carnaval-Veranstaltung:die Wahl der Königinnen.

Wahl der Mini-Reine – sie ist 6 Jahre alt.
Traditionelle Kleider und Tänze.

Grüner Trail mit vielen kleinen Tierchen

Der Küstentrail von Sainte Anne bis Anse Trabaud reizt uns. Wir nutzen das bedeckte Wetter – es ist nicht so drückend heiss – und ziehen los. Viele verschiedene Bäume entdecken wir, darunter einen, der aussieht wie eine fette Wurst. Er heisst l’arbre de saucisson – nein, Spass beiseite, wir wissen nicht wie er heisst, aber er sieht so lustig aus 😊

Der Wurstbaum – die Rinde ist ebenfalls so speziell.

Es folgt ein Abschnitt mit Sandstrand und vielen Büschen bis fast ans Meer. Hier entdecke ich die schöne Pflanze Sanseverie/Bogenhanf, sie blüht gerade. Zuhause habe ich sie gerne als Zimmerpflanze. Gleich dahinter wachsen Mangroven; sie beeindrucken mit ihren undurchdringlichen aus dem Wasser ragenden Wurzeln. Wer schnell auf den Boden guckt, entdeckt auch jede Menge Krabben im Schlamm; die sind sehr scheu. Sie entdecken dich auf jeden Fall zuerst und sind sehr rasant wieder in ihren Löchern. Der ganze Boden ist voll Löcher. Uuuhuhuiiii! Auch ein Aguti kreuzt schnell unseren Weg und ist – weg.Ein Tier zwischen Kaninchen und Maulwurf.

Sanseverie

Die anschliessende Savanne ist karg mit Gestrüpp, Gräsern und Säulenkakteen. Der Weg gefällt uns – er ist so abwechslungsreich mit etwas Wildwestfeeling. Hier ist die Küste sehr ruppig und die Wellen klatschen heftig an die scharfkantigen Felsen.

Es folgt der Abschnitt mit hohen Palmen; sie säumen den Strand. Wir sind hier definitiv nicht mehr allein. Hierhin können alle mit den Autos fahren und dementsprechend hat es Volk. Der Sandstrand ist nicht so breit und wäre wunderschön. Es duftet herrlich nach karibischem Essen, überall stehen kleine Buden. Die Frauen kochen fleissig – die Gäste warten geduldig.

Wir könnten insgesamt über 20 Kilometer weiterlaufen, doch in der Bucht Trabaud biegen wir ab und wandern über das Inselinnere Richtung Sainte Anne zurück. Hier sehen wir Kühe auf den Feldern – tut das gut!!! Und schöne Farmhäuser. Hügel und Felder.

Unser Musikbaum – wenn der Wind weht, raschelt’s.

In der Bucht Grand Anse d’Arlet kommen wir durch ein hübsches Fischerdorf:

Die Kirche ist sehr berühmt und wird sehr oft fotografiert!
Die alten Holzhäuser mit den verzierten Dachkanten. Es gibt unzählige Muster.
Bunte und schöne Tücher gibt es überall.

Nachschub bunkern

Von Sainte Anne segeln wir rüber nach Le Marin. Ein Zentrum für die Segler, hier finden sie ihre Ersatzteile oder können sie nachbestellen. Die Frauen shoppen in Boutiquen (zu hohen Preisen!!) und der günstige Einkaufsladen LEADER PRICE hat extra einen riesengrossen und modernen Dinghysteg. Der Grosseinkauf kann mit dem Wäggeli direkt ans Dinghy gekarrt werden. Dementsprechend ist der Laden sehr gut besucht. Die Auswahl ist gross und der Preis ist heiss!

Die ganze Bucht von Le Marin ist voll ankernder Segelschiffe. Angenehm zum Liegen ist es nicht gerade. Erstaunlicherweise ist es nachts sehr ruhig. Nach unserem Einkauf und der Besichtigung des kleinen Ortes, welcher uns mit seinen hübschen Häusern sehr in seinen Bann gezogen hat, segeln wir weiter. Mit viel Wind und Wellen Richtung Fort-de-France.

Das Atelier der Schneiderin.
Viel Geschichte: Die Ureinwohner Arawak. Die Sklaven aus Afrika.

Nun geht es los – das tolle Treiben

Fort-de-France ist die Hauptstadt von Martinique. Hier findet der Carnaval statt. Diesen haben wir uns ausgesucht, den wollen wir besuchen. Unser Liegeplatz ist direkt vor der Stadt, ganz nah. Und unser Dinghy können wir direkt am Strand, an einem langen Steg sehr fein festmachen. Unsere ersten Erkundigungen durch die Strassen, zeigen uns ein sehr abstraktes Bild. Kaputte Häuser, viele hübsche Details aus früheren Zeiten (schmiedeiserne Balkonbrüstungen und verzierte Dachkanten) und dreckige Strassen. Wir sind etwas hin und her gerissen; gefällt es oder gefällt es nicht? Aber beim zweiten Spaziergang verfallen wir ins Schwärmen. Es ist halt so anders als zuhause. Karibischer Charme.

Am nächsten Tag treffen wir auf die Parade der Junioren. In der Savanne– einem riesengrossen Rasenplatz mit Bäumen und Palmen, treffen sich ganz viele Kinder und Jugendliche. Sie sind alle bunt gekleidet und bewegen sich zu den rhythmischen Trommelschlägen. Sie sind völlig begeistert und zeigen grosse Freude. Es macht riesigen Spass, ihnen zuzuschauen.

Am Samstag ist der Umzug der Reines – der Königinnen. Sie tragen prächtige Kostüme zu einem Sujet (zum Beispiel Ernte), vorgeführt mit einem stolzen Lächeln. So ziehen sie durch die Strassen. Die kleine Reine von Sainte Anne – die, die erst 6 Jahre alt ist – sehen wir hier wieder. Sie ist sehr scheu und sitzt still auf dem Wagen. Wir haben die Wahl dieser Reine erlebt. Das war lustig, vor allem weil das Wetter so richtig verrückt mitgespielt hat. Zwischen Regenschauern und Sonnenschein wurde die Veranstaltung ständig unterbrochen und immer mehr in die Länge gezogen.
Überhaupt sind es die Kinder, die hier den Carnaval so spannend machen. Alle sind verkleidet, alle sind so natürlich kindlich.

Kleine Fee rauscht fast unbemerkt vorbei 😊
Im Hintergrund die bezaubernde Bibliothek Schoelcher.
Victor Schoelcher (Franzose aus dem Elsass) hat sich sehr für die Abschaffung der Sklaverei eingesetzt.

Die Parade

Der Hauptumzug, die Parade mit dem Roi Vaval, startet um 16 Uhr am Sonntagnachmittag. Zuerst kommt die riesengrosse Figur, welche am Aschermittwoch in einer grossen Prozedur verbrannt wird. Diesmal sieht sie aus wie ein liegender blauer Frosch. Kurze Bemerkung: Wir haben keine weiteren Hintergrundinformationen zu Sujet oder Traditionen. Wir schauen einfach, was da abläuft.
Am Umzug nehmen auch bunt bemalte Autos teil. Die jungen Leute sitzen drin oder auf der Motorhaube, hier verstehen wir den Sinn nicht so. Nachts hören wir viele losgelassene Fehlzündungen der Autos und Motorräder – dies macht einen Riesenkrach. Und es geht bis in die frühen Morgenstunden so weiter. Warum dies so ist, ob Rebellion oder Tradition – keine Ahnung. Aber angenehm ist es für uns nicht.
Die Gruppen, welche im Umzug vorbeiziehen, haben vorweg ein Banner mit der Zugehörigkeit (aus welchem Ort oder Verein), gefolgt von schönen Damen in aufreizender Bekleidung. Sie bewegen sich sehr sexy zu den Trommelschlägen. Dahinter kommen dieMänner und Frauen mit den Instrumenten. Ob Plastikfässer als Trommeln, oder richtige Trommeln, oder Schwingbesen als Ratsche, oder Conch-Muscheln als Blasinstrument, hier wird alles eingesetzt. Es hat viel Rhythmus und geht in die Beine!
Auch Carnaval-Wagen sind dabei: Bestückt mit Generator und viel lauter Musik fahren sie an den Menschen vorbei. Auch dies geht in den Körper – der Bass in den Magen! Aber ob man will oder nicht, man bewegt sich automatisch mit.

Sie sind so selbstbewusst!
Mit einfachen Mittel sehr kreative Kostüme.
Die aufwändigeren Kostüme.

Jeder Tag hat auch einen Dress-Code: Am Sonntag: multicolor, am Montag:weiss, am Dienstag: noir et rouge, am Mittwoch: noir et blanc.

Saint-Pierre

Als wir weiterziehen und unseren Anker bei Saint-Pierre fallen lassen,kommen wir gerade rechtzeitig zum Code: noir et rouge. Viele sind also in schwarz mit rot gekleidet. Hier etwas ausserhalb der grossen Stadt in dem kleinen Ort ist der Kontakt zur Bevölkerung viel direkter. Freundlicher. Offener. Hier macht es eindeutig mehr Spass!

Sympathischer Ort mit viel Charme.

Der Gefangene hat überlebt

Saint-Pierre hat eine starke Geschichte. 1902 brach sehr überraschend der Vulkan Pelée aus. Innert kürzester Zeit verloren alle Bewohner von Saint-Pierre ihr Leben. Alles wurde durch die heftige Feuerwolke zerstört. Nur einer hat überlebt – der Gefangene in der Gefängniszelle! Im ganzen Ort sind diese Zeitzeichen zu entdecken. Auch heute noch, über 100 Jahre später, ist diese Katastrophe ein lebende Erinnerung.

Mount Pelée und ein Besuch beim DEPAZ Rhum

Wir wollen auf den Vulkan wandern. Doch da wir kein Auto gemietet haben, wird dieses Vorhaben ambitiös. Frühmorgens sind wir schon unterwegs, fragen uns bei verschiedenen Personen durch. Carnaval, da fahren keine Taxis und keine Busse. Keine Chance – es ist unglaublich. Autostopp ist hier nicht Usus und deshalb nimmt uns auch niemand mit. Zu Fuss ist es aber zu weit. Also ändern wir unterwegs unseren Plan und biegen ab, zur Distillerie DEPAZ. Durch die Produktionshallen und durch alle Gebäude dürfen wir uns bewegen – immer dem roten Pfad entlang. Sehr interessant, es macht Freude. Vor allem bei den gelagerten Fässern, da riechen wir den Angel Share. So gut! Da Carnaval ist, ist das Chateau geschlossen. Dies ist äusserst schade, denn es sieht von aussen wie ein Märchenschloss aus. Umwachsen mit vielen bunten Blumen.
Dieser Besuch hier hat uns voll für unsere verpasste Wanderung entschädigt. Zum Abschluss lässt uns die freundliche Empfangsdame zwei Ti Punchs degustieren: weisser oder goldener Rhum, Sirop de canne und etwas Limettensaft. Herrlich 😊 Wir nehmen auch eine Flasche weissen Rhum mit!

Distillerie DEPAZ. Die Anlage empfängt sauber und pompös – im Hintergrund Mt. Pelée.

Die Produktion ist voll im Gange. Wir dürfen fast überall durchmarschieren.
Wir sind mitten drin.
Das alte grosse Wasserrad.
Viel Geschichte, in Erinnerung immer der Vulkanausbruch von 1902.
Zuckerrohr wird in die Presse angeliefert.
Das schöne Schloss – leider ist es heute wegen einem Fest geschlossen. Märchenhaft.
Mitten in einem Zuckerrohrfeld entdecken wir noch die Dreschmaschine. John Deere.
Eine Pflanze, die so viel zu erzählen weiss. Sklaverei, Hitze, Staub, Rhum und Süsses…
Und als Finale der Ti Punch 😊

Weiter geht’s nach Dominica.

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